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Kuck mal, was da spricht
Frank Schroeder, seit 32 Jahren bei PHOENIX CONTACT und Leiter Facility Management, über Präzision und Effizienz dank digitaler Vernetzung aller Anlagen und Geräte in der Gebäudenutzung

Herr Schroeder, Sie haben den gesamten Gebäudebestand bei PHOENIX CONTACT digital erfasst. Was bedeutet das genau?

Frank Schroeder: Es war lange mein Traum, dass ich nicht mehr persönlich durch die Technikräume laufen muss, sondern dass ich auf einem Bildschirm die Daten aller Maschinen auf einen Blick sehen kann.
Wir haben als Automatisierungsspezialisten schon immer unseren eigenen Betrieb unter die Lupe genommen und wir haben alle Gewerke in den Gebäuden miteinander vernetzt. Denn das Sehen von den Daten ist das eine, aber wichtiger ist das sinnvolle Kommunizieren von Daten untereinander. Ein Beispiel: Eine Lüftungsanlage braucht kaltes Wasser. Eine Kältemaschine erzeugt an einem Standort pauschal 6 Grad kaltes Wasser. Wenn nun die Lüftungsanlage der Kältemaschine „sagt“, dass bei 18 Grad Außentemperatur eine Wassertemperatur von 12 Grad ausreicht, und die Kältemaschine entsprechend regelt, ist das im Ergebnis betriebswirtschaftlich und energetisch sinnvoll.

 

Das heißt, Sie haben alle gebäudetechnischen Anlagen miteinander vernetzt?

Frank Schroeder: Ja, fast alles. Klassischerweise gab es (und gibt es wohl noch) ja in einem Gebäude früher ein ziemliches Silo-Denken. Der Elektriker plant die Elektrik, der TGA-Planer die Lüftung. Häufig ist es so: Die Planer sprechen nicht miteinander und so „sprechen“ auch die Geräte dann nicht miteinander.
Wenn ich als FM-Leiter heute etwas kaufe, dann ist für mich am wichtigsten, wie kommunikationsfreudig das Produkt ist. Der zweite Punkt ist der Energieverbrauch. Und als drittes: was kostet das Produkt?
Was bei uns miteinander „spricht“: der Aufzug, die Lüftungsanlage, das BHKW, die PV-Anlage, die Ladesäule, die Tür, selbst die Kaffeemaschine – und das muss leicht fallen. Von zuhause kennen das die meisten schon: Mein Sohn bekam zum Beispiel ein Tablet zu Weihnachten. Er ist innerhalb von fünf Minuten im WLAN, verbindet sich systemübergreifend mit dem Drucker und sagt uns die Patrone sei zu 20% leer. Da war kein Programmierer und kein Parametrierer dran, da musste keine Software aufgespielt werden. Systemübergreifend haben die Gewerke sich erkannt. Und das erwarte ich auch im Gebäudeumfeld.

 

Woran kann ich die beste Kommunikationsschnittstelle bei einem technischen Produkt erkennen?

Frank Schroeder: Die beste Schnittstelle erkennt man daran, dass sich das Produkt vielleicht schon automatisch meldet und sich möglichst aufwandsarm in meinem Framework verbindet. Ich möchte auf keinen Fall eine Schnittstelle programmieren müssen. Wenn es nötig ist, dann hätte ich gern die Infos in meiner Gebäude-App mit dazu. Dann ist es mir nicht so wichtig, welches Framework darunter liegt, denn es verbindet sich ja.

 

Welche Effekte hat ein System, wie Ihres?

Frank Schroeder: Das ist spannend. Wenn ich unterschiedliche Gewerke miteinander vernetze, kann ich nicht das einzelne Gewerk optimieren, sondern muss immer den gesamten Prozess betrachten. Als FM-Leiter bin ich nicht nur für diese Kälteanlage oder jene Lüftungsmaschine zuständig, sondern dafür, dass eine Liegenschaft möglichst effizient arbeitet und guten Komfort liefert. Wenn ich drei, vier unterschiedliche Gewerke zusammenbringe, obliegt es mir, das Effizienzpotenzial zu heben. Der Experte für die Kältemaschine kann ja gar nicht das Potenzial heben, das ich zusammen mit der Lüftungsanlage heben kann – um noch einmal dieses Beispiel aufzugreifen. Und für die Regelung der Maschinen, wenn freitags nachmittags gar kein Mitarbeiter mehr im Büro sitzt, muss ich sowieso sorgen. Denn dann müssen die Kältemaschine und die Lüftungsanlage die Räume nicht mehr effizient klimatisieren, sondern effektiv runtergefahren werden.
Betriebswirtschaftlich stellen wir fest, dass wir mit unserem Ansatz die laufenden Betriebskosten extrem günstig halten. Wir liegen jetzt bei 28-30€, wo wir früher im Schnitt bei 50€ pro qm lagen. Das motiviert uns weiter zugehen.

 

Wie war Ihr Arbeitsalltag als Sie bei PHOENIX angefangen haben?

Frank Schroeder: Ich arbeite nun seit 32 Jahren bei PHOENIX. Wir hatten früher eine Werkbank. Wir haben uns Betriebstechnik genannt und sind mit einer Werkzeugkiste rumgelaufen. Mittlerweile nennen wir uns Facility Management. Der ganze kaufmännische Aspekt ist dazu gekommen. Heute habe ich in dieser Rolle ein gutes Leben. Früher mussten wir uns immer rechtfertigen, warum wir denn dies oder jenes täten. Es ging immer nur darum, das alles viel Geld koste. Heute sorge ich für effiziente Liegenschaften und dafür, dass Mitarbeiter sich in den Gebäuden extrem wohlfühlen, man arbeitet gerne bei uns – das ist schon ein enormer Wandel, den ich in den letzten Jahren erlebt habe.

 

Was würden Sie denjenigen empfehlen, die jetzt anfangen wollen, so ein Internet of Things-System, ein IoT-System einzuziehen und alle ihre Maschinen zu vernetzen?

Frank Schroeder: Das IoT-System sollte möglichst freizügig und kommunikativ sein, unterschiedliche Daten aufnehmen können und das auch gerade nicht nur im Büroumfeld, sondern auch im Produktionsumfeld. Factory und Büro wachsen im Umgang mit den Informationen zusammen.
Hier am Standort haben wir zwei Produktionsgebäude und zwei Bürogebäude. Im Framework differenziere ich beide Typen nicht mehr. Natürlich ist in dem Bürogebäude eher die Lüftungsanlage oder die Photovoltaik-Anlage, PV-Anlage, im Fokus. Im Produktionsgebäude sind es die Maschinen. 23 Kunststoffspritzmaschinen sind die größten Stromverbraucher. Es macht viel Sinn, dass die Spritzmaschinen auch mit der PV-Anlage kommunizieren. Wenn ich weiß, wie morgen das Wetter wird und weiß, was wir morgen produzieren, dann weiß ich auch zu 95% welchen Strombedarf ich morgen habe und kann mich darauf einrichten.
Wenn es um das IoT-System geht, spielt auch die Menge der Datenpunkte eine Rolle. Früher hat man Gebäude mit 2.000 bis 3.000 Datenpunkten gebaut. Mehr konnte man sich nicht erlauben. Mittlerweile sind 30.000 Datenpunkte üblich. Umso mehr Daten ich habe, umso effizienter und präziser kann ich arbeiten.

 

Herr Schroeder, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Das Interview führte Katja Müller-Westing.

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